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Open Access an der Universität verankern: Ein Praxisbericht aus dem Jahr 2017


Zitiervorschlag
Steffi Grimm, Dagmar Schobert, "Open Access an der Universität verankern: Ein Praxisbericht aus dem Jahr 2017". LIBREAS. Library Ideas, 32 ().


Anfang 2017 wurden die Open-Access-Beauftragte der Technischen Universität Berlin (TU Berlin), Prof. Vera Meyer1 und die Universitätsbibliothek vom Präsidium beauftragt, den Entwurf einer Open-Access-Policy in der Universität bekannt zu machen und einen Diskussionsprozess über Open Access in Gang zu bringen. Was folgte waren Vorträge in verschiedenen Gremien der Universität. Die Veranstaltungen boten die Gelegenheit, den Entwurf der Policy vorzustellen und den Argumenten für und gegen Open Access Raum zu geben. Der vorliegende Beitrag dokumentiert diese Diskussionen und zeigt auf, welche Positionen im Umfeld von Open Access für Studierende, Doktorand/innen, PostDocs und Professor/innen der TU Berlin von Bedeutung sind. Ziel des Diskussionsprozesses ist die Verabschiedung einer Open-Access-Policy, welche die Interessen aller an der TU vertretenen Disziplinen berücksichtigt und Open Access als strategisches Ziel der Universität verankert2.

Hochschulpolitischer Rahmen

Vorhaben wie das Verankern eines strategischen Ziels der Universität und die Verabschiedung einer Policy bedürfen einigen diplomatischen Geschicks und erfordern zunächst die Auseinandersetzung mit hochschulpolitischen Fragen: Wie sind die politischen Abläufe an der Hochschule? Wie funktioniert akademische Selbstverwaltung in der Praxis? Welche Statusgruppen sollten in die Diskussion einbezogen, welche Gremien entsprechend berücksichtigt werden? Für die Universitätsbibliothek war es wichtig, im Vorfeld einen Konsens mit dem Präsidium herzustellen und den Diskussionsprozess über den Entwurf der Open-Access-Policy ausdrücklich im Auftrag des Präsidiums der Universität anzustoßen. Nachdem dieser Auftrag erteilt war, wurde schließlich entschieden, den Diskussionsprozess auf Ebene der Fakultätsräte anzusiedeln, ergänzt um den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und ein Forum für internationale Gastwissenschaftler/innen an der Universität. Mit der Gliederung der TU Berlin in sieben Fakultäten3 fanden insgesamt neun Veranstaltungen statt, bei denen die Open-Access-Beauftragte jeweils kurze Vorträge zur Policy hielt und die anschließenden Diskussionen moderierte. Anwesend waren stets auch der Direktor der Universitätsbibliothek (UB) und Vertreterinnen des Open-Access-Teams der UB. Die anwesenden Mitglieder der Gremien wurden gebeten, zugleich als Multiplikator/innen zu fungieren, indem sie proaktiv den Entwurf der Policy und die Debatten in die Fakultäten, die Institute und die Studierendenschaft tragen sollten.

Aufgabenteilung und Vorbereitung

Seit 2016 ist Prof. Vera Meyer Open-Access-Beauftragte der TU Berlin. Mit ihr unterstützt eine Vertreterin der Wissenschaft das TU-Präsidium bei strategischen Entscheidungen zu Open Access. Die Verantwortung für die operativen Aufgaben liegt bei der Universitätsbibliothek: Jürgen Christof übernimmt in seiner Funktion als Direktor der UB die langfristige Zielsetzung und Planung, während das Open-Access-Team für die Beratung von TU-Angehörigen und damit verbundene Dienstleistungen verantwortlich ist. Analog gestaltete sich auch die Aufgabenteilung beim Rundgang durch die Gremien der Universität: Die inhaltlich-konzeptionellen Vorarbeiten erfolgten in enger Zusammenarbeit aller Beteiligten, die Präsentation des Entwurfs der Open-Access-Policy oblag der OA-Beauftragten, in die sich anschließenden Diskussionen waren alle drei Akteure eingebunden.

Um die Rahmenbedingungen der verschiedenen Disziplinen im Vorfeld besser einschätzen zu können, wurde in Vorbereitung auf die einzelnen Sitzungen das Publikationsverhalten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Publikationskulturen der Fächer betrachtet: Welchen Stellenwert haben Journals, Konferenz- und Sammelbände sowie Monografien für einzelne Disziplinen? Welche TU-Angehörigen sind bereits in Editorial Boards von OA-Journals aktiv und/oder stellen ihre Publikationen auf dem grünen Weg zur Verfügung? Wie sieht es mit der Gründung von OA-Journals an der TU aus? Ziel der Betrachtung des Publikationsverhaltens war es, OA-erfahrene TU-Angehörige in den Sitzungen direkt anzusprechen und durch deren Erfahrungsberichte die Debatten um den Policy-Entwurf zu bereichern.

31,2 Prozent der 2016 veröffentlichten Zeitschriftenartikel von Wissenschaftler/innen der publikationsstärksten Einrichtungen in Berlin sind laut einer aktuellen Erhebung frei verfügbar.4 Die Erhebung machte deutlich, dass durchaus zahlreiche Wissenschaftler/innen der TU Berlin bereits im Bereich Open Science beziehungsweise Open Access aktiv sind.

Durchführung und Diskussion

Der Rundgang durch neun Gremien erfolgte zwischen April und Juli 2017 und sah einen Zeitraum von jeweils 60 bis 90 Minuten für Vortrag und Diskussionen vor. Was ist Open Access?, Warum brauchen wir Open Access? und Was hindert uns an Open Access? – die Präsentationen stellten zunächst grundlegende Rahmenbedingungen vor, bevor auf Open-Access-Policies anderer Universitäten, die Förderung von Mittelgebern und Wege der Umsetzung, inklusive das Projekt DEAL5 als Ansatz zur großflächigen Open-Access-Transformation, eingegangen wurde.

Zusammenfassend lässt sich in Bezug auf die Diskussionen festhalten, dass Open Access als Zukunft des Publizierens in allen Gremien anerkannt wurde. Der Entwurf der Open-Access-Policy wurde grundsätzlich positiv reflektiert. Mit Blick auf die Umsetzung des Systemwechsels wurden jedoch kritische Stimmen laut: Fragen, Anregungen, Bedenken und Kritikpunkte der Diskussionen lassen sich den sechs Kategorien Transformationsprozess und Finanzierung von Open Access, Publikationskulturen, Qualitätssicherung, Impact Factor als Bewertungskriterium, Unterstützung durch Universitäten und Forschungsförderer sowie Fragen zur praktischen Umsetzung zuordnen.

Transformationsprozess und Finanzierung von Open Access

Warum sollte man aus moralischer Sicht Open-Access-Unternehmen finanzieren, wenn sich der Publikationsmarkt durch das neue Geschäftsmodell nicht signifikant ändert? Mehrfach wurde in den Veranstaltungen kritisch angemerkt, dass Verlage Open Access zunehmend als gewinnträchtiges Geschäftsmodell entdecken. Gefordert wurden nicht-kommerzielle Publikationsinfrastrukturen in der Hand der Wissenschaft. Zugleich wurden mit Blick auf 345 Lehrstühle an der TU Berlin Zweifel geäußert, wie realisierbar die Finanzierung von Gold Open Access tatsächlich sei. Die Sorge, dass im neuen System Einzelne wegen fehlender Mittel nicht mehr publizieren können, wurde immer wieder thematisiert. Anerkannt wurde hingegen, dass der Transformationsprozess von Seiten der Universität zeitweise höhere Ausgaben erfordern wird. In nahezu allen Sitzungen wurde der Direktor der Universitätsbibliothek schließlich auf den aktuellen Stand der DEAL-Verhandlungen angesprochen. Die Universitätsbibliothek hatte die DEAL-Problematik auf mehreren Wegen in die Universität getragen. Auch der Präsident der TU Berlin hatte sich öffentlichkeitswirksam dazu geäußert.6 Es zeigte sich, dass der DEAL-Prozess mit seinem Ringen um die Open-Access-Komponente und die landesweite Kooperation von Universitäten und Hochschulen eine breite Unterstützung an der Universität hat.

Die Deckelung von Article Processing Charges (APC) bei 2.000 Euro nach den Kriterien der DFG-Publikationsfonds wurde mit Sicht auf das Gesamtsystem als strategisch nachvollziehbar und wünschenswert eingeordnet. Dennoch gingen die Meinungen hier auseinander: Vertreter/innen eines nicht-kommerziellen Open Access schätzten den Betrag als wesentlich zu hoch ein und plädierten für Journals in der Hand von Fachgesellschaften mit niedrigen Publikationsgebühren. Von anderen Wissenschaftsdisziplinen wurde die Obergrenze als nicht praktikabel kritisiert: Viele TU-Angehörige mit einem Interesse an Gold Open Access konstatierten resigniert, dass die APC für den eigenen Forschungsschwerpunkt bei mehreren tausend Euro starten. Auch die Nichtfinanzierung von Artikeln in hybriden Journals7 wurde von diesen Vertreter/innen kritisiert. Hier zeigte sich, wie viel Aufklärungsbedarf hinsichtlich der Möglichkeiten des Green Open Access besteht. Analog zu den Kriterien der DFG-geförderten Publikationsfonds lautete und lautet die Botschaft des Open-Access-Teams ganz klar: Open-Access-Optionen in hybriden Journals und APC über 2.000 Euro vermeiden und Open Access in diesen Fällen stets über den grünen Weg realisieren, das Open-Access-Team unterstützt dabei.

Publikationskulturen

Unterschiedliche Fachkulturen bevorzugen bekanntermaßen verschiedene Publikationsformen. An den sieben Fakultäten der TU sind dies neben Journals insbesondere Konferenzbände und Workshop-Proceedings, ferner Sammelbände und Monografien. Infrastrukturen und Unterstützungsangebote für Gold Open Access sind in der Wahrnehmung von TU-Angehörigen überwiegend auf Journale ausgerichtet. Angebote wie Language Science Press8, Knowledge Unlatched9, Open Journal Systems10 oder der Universitätsverlag der TU Berlin11 sind nicht durchgängig bekannt. In nahezu allen Gremien wurde ein Bedarf an weiteren Unterstützungsangeboten formuliert, beispielsweise mit Blick auf die Einrichtung eines Publikationsfonds für andere Publikationsformen als Zeitschriftenartikel. Einzelne TU-Angehörige naturwissenschaftlicher und technischer Disziplinen bereicherten die Diskussionen um Erfahrungsberichte darüber, wie Editorial Boards von Konferenz- und Sammelbänden erfolgreich ein Zweitveröffentlichungsrecht als Bedingung für ihre Herausgeberschaft verhandeln können. Zugleich wurde deutlich, dass in den Fakultäten Mathematik und Naturwissenschaften bzw. Elektrotechnik und Informatik die Preprint-Kultur besonders stark ausgeprägt ist und eine breite Verankerung in der Forschungspraxis hat: Artikel werden hier selbstverständlich als Preprints Open Access auf arXiv publiziert.

Kleinverlage haben Angst! und Stoßen wir in Zukunft auf den Upload einer PDF an? – in den überwiegend textbasiert publizierenden Geistes- und Sozialwissenschaften wurden von Einzelnen die Brisanz der Diskussionen für die eigene Community und die Sorge um den Niedergang der Printkultur formuliert. Zugleich wurde kritisiert, dass die Geistes- und Sozialwissenschaften in den letzten Jahren zunehmend aufgefordert waren, sich an den Naturwissenschaften zu orientieren und ihre Forschung zum Beispiel über die Zahl der Zitationen bewerten zu lassen. Open Access wird aus dieser Perspektive als Transformationsversuch von außen betrachtet, der auf elektronische Publikationen ausgerichtet ist, jedoch nicht zur traditionellen Printkultur dieser Fächer passt. Die Universitätsbibliothek nimmt diese Sorgen ernst, weist jedoch darauf hin, dass Green Open Access, das heißt Zweitveröffentlichungen, nach Embargofristen für Printpublikationen ein veritabler Weg sind, um Open Access zu erreichen. Zugleich argumentiert sie, dass es mit Blick auf elektronische Publikationen und Gold Open Access letztlich darum geht, bestehende wissenschaftsfeindliche Geschäftsmodelle wissenschaftsfreundlich zu gestalten und sich gerade hier Chancen für kleinere Fachverlage bieten, die offen für Veränderungen sind und im Austausch mit der Zielgruppe neue Finanzierungsmodelle und Dienstleistungsportfolios entwickeln. Vertreter/innen aus den Digital Humanities betonten abschließend die Notwendigkeit von Open Access für die Anwendung neuer Forschungsmethoden.

Qualitätssicherung

Gold Open Access und den Aspekt der Qualitätssicherung betreffend wurde in allen Fakultäten die Herausforderung deutlich, qualitativ hochwertige Journale für den eigenen Forschungsschwerpunkt zu finden. Der unüberschaubaren Anzahl neu gegründeter Open-Access-Journale stehen viele reserviert gegenüber. Einige TU-Angehörige berichteten von beinahe täglichen E-Mail-Anfragen mit der Bitte um Mitwirkung in Editorial Boards, als Reviewer oder Submitter, sowie von langen Peer-Review-Prozessen wegen fehlender Mitwirkung der jeweiligen Fachcommunity. Einzelne Stimmen monierten, dass den Gutachter/innen für das Reviewing von Artikeln in Open-Access-Zeitschriften nicht genug Zeit zugestanden wird. Die Open-Access-Bewegung wurde in diesem Kontext aufgefordert, nicht nur politisch zu agieren, sondern ganz praktisch Qualitätssicherung (mit) zu organisieren. Ergänzt wurden die Diskussionen durch Erfahrungsberichte von Editor/innen, die Neu- oder Ausgründungen von Open-Access-Zeitschriften erfolgreich begleitet haben und deren Impact Factor nach mehreren Jahren an etablierte und renommierte Journals heran reicht.

Der Rundgang durch die Gremien machte sehr deutlich, dass weiterhin Aufklärungsbedarf über das Angebot und die Auswahl geeigneter Open-Access-Journale besteht: Einerseits sollte auf Angebote wie Think-Check-Submit12 oder Plattformen wie openaccess.net13 hingewiesen werden. Andererseits ist es hilfreich, auf die Möglichkeiten von erfolgreichen Neu- und Ausgründungen von Journalen hinzuweisen und Instrumente wie Open Journal Systems (OJS), ORCiD14, BASE15 und Unpaywall16 zu bewerben. Auf die Erfahrungen von Wissenschaftler/innen an der eigenen Institution verweisen zu können und die Akteure zu vernetzen, unterstützt die Beratungsarbeit natürlich wesentlich.

Impact Factor als Bewertungskriterium

Neugründungen eigener Open-Access-Journale sind möglich und Professor/innen sind in der Verantwortung, Vorbild zu sein. Äußerungen wie diese waren beim Rundgang durch die Gremien an vielen Stellen zu hören. Neben dem Aspekt der Qualitätssicherung wurde im Hinblick auf Gold Open Access vor allem der Journal Impact Factor (JIF) als Bewertungskriterium diskutiert. Abhängig von der Disziplin stellt dieser häufig das wichtigste Argument bei der Entscheidung für oder gegen eine Zeitschrift dar, da wissenschaftliche Wirksamkeit, Reputation und Karriere in der Wissenschaft noch immer eng damit verbunden sind. Viele Open-Access-Zeitschriften erreichen beim JIF (noch) keine hohen Werte. TU-Angehörige mit Erfahrungen bei der Gründung von Open-Access-Journalen berichteten jedoch, dass der offizielle JIF erst ungefähr fünf bis sechs Jahre nach Journalgründung kalkuliert und veröffentlicht werden kann. Da Open Access mit einer erhöhten Sichtbarkeit und höherer Zitationsrate einhergeht (sofern rigoroses peer reviewing sichergestellt wird), erzielen diese Journale sehr gute bis exzellente JIF-Werte nach ungefähr zehn Jahren. Diskutiert wurde zudem, inwiefern der Journal Impact Factor langfristig durch andere Bewertungskriterien ersetzt werden kann.

Unterstützung durch Universität und Forschungsförderer

Im Zusammenhang mit Diskussionen um die Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen wurde auf Berufungs- und Leistungsbewertungsverfahren an der Universität eingegangen, bei denen der Journal Impact Factor von zentraler Bedeutung ist. Mehrere TU-Angehörige forderten nachdrücklich, Open Access als Kriterium in Berufungsleitfäden aufzunehmen und bei der Erfassung von Leistungsaktivitäten in Forschung und Lehre sowie der damit verbundenen leistungsbezogenen Mittelverteilung zu berücksichtigen. Auch von Förderern wird erwartet, eine klare Open-Access-Policy zu verabschieden und Open Access etwa bei der Bewertung von Projektanträgen einzubeziehen: Solange ein Artikel in einem traditionellen Journal von Förderern höher bewertet wird, besteht kein Anreiz zur Publikation in Open-Access-Journalen. Einzelne Wissenschaftler/innen berichteten von der Erfahrung, dass in Projektanträgen veranschlagte Publikationskosten häufig als erstes gekürzt werden.

Auf operativer Ebene wurde vielfach der Wunsch nach Unterstützung durch die Universitätsbibliothek geäußert. In Bezug auf Gold Open Access betraf dies den Ausbau des bestehenden Publikationsfonds um Fördermöglichkeiten für Conference Proceedings, Sammelbände und Monografien. Dabei wurden die Förderkriterien diskutiert. Über den Fonds hinaus besteht Interesse an technischen Infrastrukturen und an Unterstützung bei der Herausgabe und Publikation digitaler Open-Access-Zeitschriften. Der grüne Weg des Open Access war vielen TU-Angehörigen nicht bekannt, Hinweise auf den Zweitveröffentlichungsservice der Universitätsbibliothek17 wurden entsprechend positiv aufgenommen. Die zu erwartende erhöhte Nachfrage dieses Angebots ist mit der Anforderung an das Open-Access-Team verbunden, mittelfristig adäquate und skalierbare Workflows zu entwickeln.18

Fragen zur praktischen Umsetzung

Praktische Fragen, die sich im Laufe des Rundgangs durch die Gremien ergaben, richteten sich vor allem auf die Möglichkeiten der Umsetzung von Gold und Green Open Access an der Universität. Großes Interesse bestand beispielsweise an den Erfahrungen von TU-Angehörigen, die bereits Open-Access-Journale gegründet haben. Insbesondere wurden hier Fragen zum personellen Aufwand, zur technischen Umsetzung und zum aktuellen Impact Factor gestellt. Die Universitätsbibliothek wiederum wurde auf Dienstleistungen rund um Open Access angesprochen: Förderbedingungen des Publikationsfonds, unverbindliche Rechtsberatung für Verlagsverträge oder rechtliche Rahmenbedingungen von kumulativen Dissertationen und Zweitveröffentlichungen waren in diesem Zusammenhang Thema.

Fazit

Die TU Berlin ist in Bezug auf die Verabschiedung einer Open-Access-Policy im Vergleich zu anderen Universitäten und Hochschulen spät dran: Sicher liegt hierin ein Grund, warum der Entwurf der Policy auf überwiegend positive Rückmeldungen, Sympathien und Unterstützung stieß. Als vorteilhaft erwies sich eindeutig die Beteiligung der Open-Access-Beauftragten aus den Reihen der Wissenschaft, die mit entsprechendem Standing bei den Forschenden und ihrer Identifikation mit dem Thema Open Access Argumentationen auf Augenhöhe liefern konnte, die anders klingen als die üblichen bibliothekarischen Erläuterungen.19 Ergebnis des Prozesses ist eine grundsätzliche Zustimmung zur Policy, aber auch die Aufnahme eines zusätzlichen Punktes20, der insbesondere den geäußerten Bedenken zur fortschreitenden Kommerzialisierung des wissenschaftlichen Publikationsmarktes Rechnung tragen soll.

Der Rundgang in den Gremien der Universität hat gezeigt, dass Universitätsbibliotheken mit Unterstützung der Präsidien einen breiten Diskussionsprozess über Open Access an der eigenen Institution initiieren können. Open Access ist ein wichtiges Thema für Bibliotheken, vor allem aber ist es ein Thema, das die Wissenschaft besetzen muss. Universitätsbibliotheken können hierfür Motor sein, Open Access an den richtigen Stellen auf die Agenda bringen und sich als kompetente Ansprechpartnerinnen rund um das Thema Publizieren präsentieren.


  1. Prof. Vera Meyer, Fachgebiet Angewandte und Molekulare Mikrobiologie, Fakultät III, TU Berlin. URL: https://www.mikrobiologie.tu-berlin.de/menue/cv_prof_vera_meyer/

  2. Die Open-Access-Policy der TU Berlin wurde am 06.12.2017 durch den Akademischen Senat der Universität einstimmig verabschiedet http://www.tu-berlin.de/?191164. Die Unterzeichnung der Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sciences and Humanities durch die TU Berlin erfolgte 2016.

  3. Geistes- und Bildungswissenschaften; Mathematik und Naturwissenschaften; Prozesswissenschaften; Elektrotechnik und Informatik; Verkehrs- und Maschinensysteme; Planen Bauen Umwelt; Wirtschaft und Management

  4. Voigt, Michaela; Winterhalter, Christian (2017): Wie viel Open Access steckt in Berlin? https://doi.org/10.5281/zenodo.1035138

  5. Projekt DEAL – Bundesweite Lizenzierung von Angeboten großer Wissenschaftsverlage; siehe auch Aus dem DEAL-Maschinenraum – ein Gespräch mit Bernhard Mittermaier in dieser Ausgabe, http://libreas.eu/ausgabe32/mittermaier/

  6. Tagesspiegel (20.02.2017): Streit um teure Wissenschaftsjournale – Showdown zwischen Bücherregalen (http://www.tagesspiegel.de/wissen/streit-um-teure-wissenschaftsjournale-showdown-zwischen-buecherregalen/19412772.html); Berliner Zeitung (08.03.2017): Open Access – Forscher der TU Berlin sollen ihre Ergebnisse im Netz veröffentlichen (http://www.berliner-zeitung.de/berlin/open-access-forscher-der-tu-berlin-sollen-ihre-ergebnisse-im-netz-veroeffentlichen-26148112); Tagesspiegel (19.03.2017): Urheberrecht in der Wissenschaft – Studierende zurück in den Copyshop? (http://www.tagesspiegel.de/wissen/urheberrecht-in-der-wissenschaft-studierende-zurueck-in-den-copyshop/19539196.html); Open-Access-Sonderseiten: Hochschulzeitung TU intern 2-3/2017 (http://www.ub.tu-berlin.de/fileadmin/pdf/Verlag/TUintern_Open_Access_20170217_pdf.pdf); Tagesspiegel (30.06.2017): Berliner Unis kündigen "Verlagsriesen" (http://www.tagesspiegel.de/wissen/streit-um-teure-zeitschriften-abos-berliner-unis-kuendigen-verlagsriesen/20003678.html); Berliner Zeitung (06.07.2017): Berliner Universitäten kündigen Vertrag mit Wissenschaftsverlag Elsevier (http://www.berliner-zeitung.de/berlin/hohe-preise-berliner-universitaeten-kuendigen-vertrag-mit-grossem-wissenschaftsverlag-27926974).

  7. Hybrid nicht im Sinne von Print/Online, sondern im Sinne einer Zeitschrift, die sowohl Closed-Access-Artikel als auch Open-Access-Artikel bereitstellt. Hybride Geschäftsmodelle werden mit double dipping umschrieben, da sie die Etats der Bibliotheken (Lizenzgebühr) und der veröffentlichenden Universitäten (Publikationsgebühr) doppelt belasten. Beispiele für solche Modelle sind Sponsored Article (Elsevier), Open Choice (Springer) und OnlineOpen (Wiley).

  8. http://langsci-press.org/

  9. http://www.knowledgeunlatched.org/

  10. https://pkp.sfu.ca/ojs/

  11. http://www.ub.tu-berlin.de/publizieren/universitaetsverlag/

  12. http://thinkchecksubmit.org/

  13. https://openaccess.net/

  14. https://orcid.org/

  15. https://www.base-search.net/

  16. http://unpaywall.org/

  17. https://www.ub.tu-berlin.de/publizieren/oa/erst-und-zweitveroeffentlichungen/services-fuer-zweitveroeffentlichungen/.

  18. Angedacht wird eine (Teil-)Automatisierung des bestehenden Workflows unter Berücksichtigung von Tools und Diensten wie OpenRefine (http://openrefine.org/), Crossref (http://api.crossref.org), oaDOI (https://oadoi.org/) und SHERPA/RoMEO (http://sherpa.ac.uk/romeo).

  19. Lektüreempfehlung: Cirasella, Jill (2017): Open access outreach. SMASH vs. Suasion. URL: http://crln.acrl.org/index.php/crlnews/article/view/16681/18150.

  20. Die TU Berlin bittet alle Universitätsangehörigen, ihre Mitarbeit bei der Begutachtung, Redaktion und Herausgabe von Publikationen hinsichtlich der jeweiligen Open-Access-Politik zu überdenken, über ihre Funktion auf Verlage und Fachgesellschaften einzuwirken und nach Möglichkeit ihre Mitarbeit bevorzugt Open-Access-Publikationen zukommen zu lassen. Das Engagement für nicht-kommerzielle Angebote wird besonders befürwortet.


Steffi Grimm studierte Bibliotheks- und Informationswissenschaft (M.A.) an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitet im Open-Access-Team der Technischen Universität Berlin (ORCiD: https://orcid.org/0000-0001-5055-9492).

Dagmar Schobert ist Leiterin der Abteilung Universitätsverlag/Hochschulschriften/Open Access der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin (ORCiD: https://orcid.org/0000-0002-1792-3077).